Situativer Führungsstil: Definition, Vorteile und Stufen

Situativer Führungsstil

Situative Führung ist die hohe Kunst des Führens, weil Führungskräfte dafür ein feines Fingerspitzengefühl brauchen. Die zentrale Herausforderung: Für jeden Mitarbeitenden in jeder Situation den passenden Führungsstil finden. Was die vier Stufen des situativen Führens mit den Reifegraden von Mitarbeitenden zu tun haben, wie Sie damit das Leistungsvermögen Ihrer Mitarbeitenden individuell fördern können und welche weiteren Vorteile ein situativer Führungsstil bietet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Was ist ein situativer Führungsstil?

Bei situativer Führung passt die Führungskraft ihren Führungsstil individuell und flexibel an die Mitarbeitenden an. Auf diesem Weg soll für jeden Menschen und für jede Situation der passende Führungsstil gefunden werden. Situative Führung bildet die Grundlage für ein dauerhaft motivierendes und anpassungsfähiges Arbeitsumfeld.

Folgende Kriterien müssen Führungskräfte situativer Führung berücksichtigen:

  • die äußeren Rahmenbedingungen bzw. die Situation

  • die individuellen fachlichen und psychischen Fähigkeiten (Reifegrade) der Mitarbeitenden

Auch wenn die theoretische Basis für den situativen Führungsstil bereits in den 1960er Jahren gelegt wurde, verdient dieser Führungsstil auch heute noch das Etikett „modern“. Denn moderne Mitarbeiterführung muss situativ sein, um die wichtigsten Anforderungen an eine gute Führung zu erfüllen: Mitarbeitermotivation und Leistungsfähigkeit. Dass dabei ein ewig gleicher, starrer Führungsstil in einer von starken Umbrüchen, permanentem Wandel und digitaler Transformation geprägten Arbeitswelt nicht zum gewünschten Erfolg führt, liegt auf der Hand.

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1969 publizierten die US-Amerikaner Ken Blanchard und Paul Hersey in „Management of Organizational Behavior“ ihre Theorie des situativen Führens, die wiederum auf früheren Arbeiten von Fred Fiedler aufbaute. Blanchard und Hersey richteten dabei ein besonderes Augenmerk auf die oben bereits erwähnten Reifegrade von Mitarbeitenden. Die Bedeutung dieser Reife- oder Autonomiegrade erläutern wir detailliert im folgenden Abschnitt.

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Warum situativer Führungsstil?

Der situative Führungsstil verlangt von Führungskräften sehr feine Antennen. Eben weil keine Vorabfestlegung auf einen bestimmten Führungsstil erfolgt, sondern für jede Situation punktuell erfasst werden muss, welcher Führungsstil angemessen ist.

Führungskräfte können durch einen situativen Führungsstil ihre Teammitglieder bewusst entwickeln und fördern. Damit schlagen sie drei Fliegen mit einer Klappe:

  • Sie tragen zum Unternehmenswachstum bei

  • Sie stärken die Mitarbeitenden und binden diese stärker ans Unternehmen

  • Sie entlasten sich in ihrer Rolle als Führungskraft selbst dauerhaft

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Die vier Stufen des situativen Führungsstils

Beim situativen Führungsstil spielen die individuellen Fähigkeiten der Mitarbeitenden eine entscheidende Rolle. Je nachdem, welches Level an Selbstständigkeit und welche Motivation der Mitarbeitende für die Aufgabe mitbringt und welche Rahmenbedingungen herrschen, kommt eine der vier Stufen des situativen Führungsstils zur Anwendung, die den Reifegrad der Mitarbeitenden berücksichtigt.

Der Reifegrad

Um den Reifegrad von Mitarbeitenden korrekt zu bestimmen, sollten Sie folgende 6 Fragen beantworten:

1. Wo steht eine Mitarbeitende in puncto fachlicher und persönlicher Entwicklung? 2. Wie gut ist sie in ihrem Fachgebiet? 3. Wie entwickelt sie ihre Kenntnisse weiter? 4. Möchte sie mehr Verantwortung übernehmen? 5. Wie motiviert ist sie? 6. Wie geht sie mit konstruktiver Kritik um?

In dieser Gemengelage führt die Führungskraft dann entweder aufgabenorientiert oder beziehungsorientiert. Aufgabenorientierte Führung beinhaltet eine deutliche Anweisung mit klaren Vorgaben und Zielen. Beziehungsorientierte Führung hingegen setzt einen starken Fokus auf die persönliche Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden). Mit intensivem persönlichem Kontakt, mit Gesprächen und Feedback motiviert und unterstützt die Führungskraft ihre Mitarbeitenden.

Blicken wir auf die vier Stufen des situativen Führungsstils.

Stufe 1 – Anleiten, Anweisen, Diktieren Mitarbeitende mit einem geringen Reifegrad erhalten von der Führungskraft sehr klare Vorgaben, wie die Aufgabe zu erledigen ist: „Du erledigst die Aufgabe xxx zusammen mit xxx bis zum xxx. Dabei nutzt du xxx Software.“ Diese eindeutig aufgabenorientierte Stufe ist zudem von einer engmaschigen Leistungskontrolle durch die Führungskraft geprägt.

Stufe 2 – Coachen, Argumentieren Die Anleitungen in dieser Stufe werden weniger und auch die Vorgaben weiter gefasst. Die Führungskraft erläutert nun, warum sie welche Entscheidung im Arbeitsprozess fällt (beziehungsorientiert). Sie leitet nicht mehr nur an, sondern ermutigt ihr Teammitglied dazu, sich vielleicht noch fehlende Kenntnisse anzueignen. Die Mitarbeitenden können direkt rückfragen, der Anteil an Unterstützung durch die Führungskraft wächst.

Stufe 3 – Unterstützen, Überzeugen, Partizipieren lassen Die Führungskraft integriert die Mitarbeitende noch stärker in Entscheidungsprozesse, sie hört zu, tauscht sich mit der Mitarbeitenden aus und holt deren Ideen und Vorschläge ein. Damit zeigen Führungskräfte ihre Wertschätzung und motivieren die Mitarbeitende auch dahingehend, eigene Entscheidungen zu treffen. Diese mitarbeiter- und beziehungsorientierte Führung passt gut für Mitarbeitende mit hoher Fachlichkeit, aber mit eher schwach ausgeprägter Motivation.

Stufe 4 – Delegieren, Übertragen Die Führungskraft macht hier keine Vorgaben mehr. Der Mitarbeitende mit einem hohen Reifegrad verfügt über starke fachliche Fähigkeiten, verknüpft mit einer hohen Motivation. Die Aufgaben werden direkt an die Mitarbeitenden delegiert – mit einer Zielvorgabe. Wie der Mitarbeitende diese erreicht, bleibt ihm überlassen. Er übernimmt die Verantwortung für den Weg zum Ziel.

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Situativer Führungsstil – Vorteile und Nachteile im Überblick

Führungskräfte sollten in der Führung auf gut gemeinte Gleichmacherei verzichten und stattdessen auf individuelle Bedürfnisse und Situationen eingehen. Sonst besteht die Gefahr, insbesondere die Leistungstragenden schnell und dauerhaft zu demotivieren. Das passiert dann, wenn alle Mitarbeitenden in die gleiche Schublade gesteckt werden. Die unterschiedlichen Reifegrade kommen nicht zur Geltung.

Natürlich gibt es beim situativen Führungsstil nicht nur Vorteile. So müssen Führungskräfte beim situativen Führen unterscheiden, ob sie eher aufgaben- oder beziehungsorientiert führen. Im beruflichen Alltag sind diese beiden Ansätze allerdings nicht leicht voneinander zu trennen.

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Zudem ist die objektiv richtige Festlegung des Reifegrades bei Mitarbeitenden eine herausfordernde Aufgabe, die durch die zunehmende Komplexität der Aufgabenfelder nicht leichter wird.

Vorteile situativer Führungsstil

Nachteile situativer Führungsstil

Fähigkeiten von Mitarbeitenden können besser und umfassend genutzt werden

Unklarheiten bei Mitarbeitenden (Was erwartet die Führungskraft jetzt von mir?), wenn z.B. kurzfristig zwischen hochgradig eigenverantwortlichem Arbeiten und engen Vorgaben gewechselt wird

Fähigkeiten von Mitarbeitenden können gezielt und individuell erweitert werden

Im Fokus stehen oft kurzfristige Ziele

Steigerung der Produktivität von Teams und Gruppen

Hohe Anforderungen an Führungskraft durch permanente Entscheidungsfindung, welcher Führungsstil bei welchem Projekt zum Einsatz kommen sollte

Flexibles Handeln wird zum Maßstab

Fehlerhafte Einschätzung der Reifegrade führt zu falschem Führungsstil

Hohe Wertschätzung von Mitarbeitenden durch individuelle Führung

Führungskraft muss alle Führungsstile beherrschen

Welche Führungsstile gibt es?

Führungskräfte können heute aus einem weiten Feld von Führungsstilen wählen. Auf einen Blick sind dies die wichtigsten Führungsstile:

  • Autoritärer Führungsstil

  • Kooperativer Führungsstil

  • Laissez-Faire-Führungsstil

  • Patriarchalischer Führungsstil

  • Autokratischer Führungsstil

  • Bürokratischer Führungsstil

  • Charismatischer Führungsstil

  • Gruppenbezogener Führungsstil

  • Richtungsbezogene Führungsstile (aufgabenorientiert und beziehungsorientiert)

Details und Erklärungen zu diesen sehr unterschiedlichen Führungsstilen erfahren Sie in diesem Beitrag.

Und wo steckt hier der situative Führungsstil? De facto greift das Modell der situativen Führung aus den o.g. Führungsstilen das jeweils zur Situation und zum Reifegrad des Mitarbeitenden passende heraus. Der situative Führungsstil ist also eher ein situatives Führungsmodell.

Welcher der o.g. Führungsstile zu welcher Stufe des situativen Führens passt, hängt auch stark von der Führungskraft bzw. von deren Verständnis von Führung, aber auch von der gelebten Unternehmenskultur ab. Wer Mitarbeitende mit geringem Reifegrad effizient führen, also in puncto Leistung das Beste aus ihnen herausholen möchte, muss mit einem patriarchalischen Führungsstil nicht unbedingt schlecht fahren. Ob dieser Stil allerdings gut zu einem High Tech-Startup mit hochmotivierten, fachlich herausragenden Mitarbeitenden passt, sei dahingestellt. Hier kommt es vielmehr darauf an, Verantwortung zu delegieren. Und Mitarbeitenden damit den gewünschten Spielraum zu geben.

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