Ferienanspruch nach Kündigung: Alles, was Sie wissen sollten!
Arbeitnehmer:innen verlassen das Unternehmen und haben noch Ferientage übrig. Haben Sie einen Anspruch auf Auszahlung der restlichen Ferientage? Und wie wird der Ferienanspruch nach einer Kündigung berechnet? In diesem Artikel erhalten Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Ferienanspruch nach einer Kündigung nach Schweizer Arbeitsrecht.
Key Facts
Arbeitnehmende haben sowohl nach einem langjährigen Arbeitsverhältnis als auch in der Probezeit einen Ferienanspruch nach einer Kündigung.
Grundsätzlich müssen Restferien in natura bezogen werden.
Nur in Ausnahmefällen kann der Ferienanspruch nach Kündigung mittels einer Geldzahlung durch den Arbeitgeber abgegolten werden.
Das Gesetz gibt das Minimum für den Ferienanspruch vor. Die Ferientage für das angebrochene Dienstjahr werden anteilsmässig gewährt.
Ferienanspruch nach Kündigung: der gesetzliche Rahmen
Der Mindestferienanspruch von Arbeitnehmenden wird durch das Gesetz bestimmt. Auch für die Zeit nach der Kündigung hat der Arbeitnehmende einen Anspruch auf Ferien.
Ferienanspruch
Der gesetzliche Ferienanspruch im schweizerischen Arbeitsrecht beträgt gemäss Art. 329a Abs. 1 OR mindestens:
bis zum vollendeten 20. Lebensjahr fünf Wochen pro Dienstjahr;
für alle anderen Arbeitnehmenden vier Wochen pro Dienstjahr.
Der Mindestanspruch darf nicht unterschritten werden, allerdings kann ein Ferienanspruch vereinbart werden, der über das Minimum hinausgeht.
Arbeitnehmende müssen die Ferientage beziehen. Eine Forderung auf Auszahlung der Restferien kann grundsätzlich nur gestellt werden, wenn nach dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses noch Ferientage übrig sind.
Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie grundsätzlich den Ferienanspruch korrekt berechnen. Bei Teilzeitangestellten gelten zudem einige Besonderheiten für die Berechnung des Ferienanspruchs.
Restferien bei Kündigung
Restferien bestehen dann, wenn Arbeitnehmende zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht alle Ferientage bezogen haben.
Gut zu wissen: Generell verfallen Ferientage, die am Ende des Dienstjahres noch übrig bleiben, nicht. Der Anspruch der Arbeitnehmenden auf Ferien verjährt nach Gesetz erst nach fünf Jahren (Art. 128 Abs. 3 OR). Trotzdem sind die Ferien in der Regel im Verlauf des betreffenden Dienstjahres zu beziehen (Art. 329c Abs. 1 OR).
Ferientage, wenn Kündigung durch Arbeitnehmende erfolgte
Erfolgte die Kündigung durch die Arbeitnehmenden, haben diese womöglich bereits eine neue Stelle gefunden oder sich einen Plan für ihre berufliche Zukunft zurechtgelegt. In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass die Kündigungsfrist nicht für die Stellensuche benötigt wird und ein Ferienbezug möglich ist.
Demnach gilt bei Arbeitnehmerkündigung: Verlangen Arbeitnehmende für ihre Restferien eine Auszahlung der Ferientage, muss der Arbeitgeber also nicht auf diese Forderung eingehen.
Ferientage, wenn Kündigung durch Arbeitgeber erfolgte
Ist die Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgt, sieht die Sachlage anders aus. Denn Arbeitnehmende benötigen die Kündigungsfrist grundsätzlich für die Stellensuche.
Daher muss abgewägt werden, ob dem Arbeitnehmenden zugemutet werden kann, die Restferien zu beziehen oder ob die Ferientage mit einer Geldzahlung abgegolten werden können:
Dauert die Kündigungsfrist noch lange und sind im Verhältnis dazu nur wenige Ferientage übrig, ist dem Arbeitnehmenden der Bezug der Ferien zuzumuten.
Verbleibt hingegen eine kurze Kündigungsfrist und sind im Verhältnis dazu viele Ferientage übrig, kann sich der Arbeitnehmende die Ferien auszahlen lassen.
Hinweis: Wenn Arbeitnehmende bereits eine Stelle gefunden haben, ist ihnen eher zuzumuten, die Ferien in natura zu beziehen. Es kommt hier auf die Umstände im Einzelfall an.
Ferienanspruch bei Kündigung während der Probezeit
Auch während der Probezeit sind Ferien tatsächlich zu beziehen (Art. 329d Abs. 2 OR), soweit der Bezug der Ferien bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch möglich und zumutbar ist.
Hinweis: Bei einer Kündigung während der Probezeit hat die Stellensuche des Arbeitnehmenden dem Ferienbezug gegenüber Vorrang. Dies kann dazu führen, dass der Ferienbezug nicht mehr möglich und eine Auszahlung des Ferienanspruchs nach Kündigung gerechtfertigt ist. Dies ist jedoch im konkreten Einzelfall zu entscheiden.
Ferienanspruch bei Kündigung berechnen – So geht’s
Für jedes Dienstjahr werden mindestens vier Wochen Ferien gewährt. Für angebrochene Dienstjahre besteht gemäss Gesetz (Art. 329a Abs. 2 OR) ein Pro-rata-Ferienanspruch.
So wird der Pro-rata-Anspruch berechnet:
Ferienanspruch in Tagen pro Jahr / 12 Monate x Anzahl Monate des angebrochenen Dienstjahres
Beispiel: Ein Arbeitnehmer tritt per 1. Juni in das Unternehmen ein und verlässt es nach einigen Dienstjahren per 31. Juli. Hier muss ein Ferienanspruch nach Kündigung für die angebrochenen zwei Monate des letzten Dienstjahres berechnet werden.
Der Arbeitnehmer hat fünf Wochen Ferienanspruch, dies entspricht 25 Tagen (bei 100 %).
Eingesetzt in die Formel:
25 Tage / 12 Monate x 2 Monate = 4.16 (wird auf 4 abgerundet)
Ergebnis: Somit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf zusätzliche vier Tage Ferien für das angebrochene Dienstjahr.
Ferienanspruch bei Kündigung abgelten lassen
Im Grundsatz gilt: Ferien dürfen nie mit Geldzahlungen durch den Arbeitgeber abgegolten werden (Art. 329d Abs. 2 OR). Das Gesetz ist hier streng: Auch bei beidseitigem Einverständnis kann nicht gültig eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmendem getroffen werden, die eine Abgeltung der Ferien vorsieht.
Hinweis: Das Ferien-Abgeltungsverbot dient dem Erholungszweck des Arbeitnehmenden. Dieser ist nicht gewährt, wenn anstatt Ferien Geldzahlungen geleistet werden.
Gut zu wissen: Arbeitnehmende, die im Stundenlohn angestellt sind, erhalten im Gegensatz zu Personen, die im Monatslohn angestellt sind, keinen Lohn, wenn sie Ferien beziehen. Aus diesem Grund wird Arbeitnehmenden, die im Stundenlohn arbeiten, eine Ferienentschädigung in Form eines Lohnzuschlags gewährt. Dieser beträgt bei vier Wochen Ferien im Jahr 8.33 % des Bruttolohnes.
Ferien-Abgeltungsverbot
Ausnahmen vom Ferien-Abgeltungsverbot
Es gibt einzelne Ausnahmen vom Ferien-Abgeltungsverbot bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Können die Ferien nicht mehr in natura bezogen werden, weil beispielsweise
der Arbeitnehmende die Zeit während der Kündigungsfrist für die Stellensuche benötigt;
dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen;
Krankheit oder Unfall erfolgt;
dann ist eine Auszahlung der Restferien ausnahmsweise gestattet.
Verletzung des Ferien-Abgeltungsverbots
Wenn der Arbeitnehmende für seinen Ferienanspruch nach Kündigung eine Auszahlung der Restferien stellt, dann kann der Arbeitgeber eine solche Auszahlung gültig verweigern.
Geht der Arbeitgeber trotzdem auf die Forderung des Arbeitnehmenden ein, droht dem Arbeitgeber eine Nachzahlungspflicht des Ferienlohns.
Zwangsferien
Ferienbezug anordnen: Sind noch Ferien übrig und wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt, kann der Arbeitgeber einseitig den Ferienbezug für Arbeitnehmende anordnen. Es handelt sich um sogenannte Zwangsferien.
Ferienabgeltung berechnen
Kommt es vor, dass den Arbeitnehmenden Restferien ausbezahlt werden müssen, können diese in zwei Schritten berechnet werden.
Schritt 1: Anzahl der Restferien berechnen
Als Erstes wird der Saldo der Restferien in Tagen benötigt. In diesem Artikel finden Sie mehr Informationen darüber, wie der Ferienanspruch für Arbeitnehmende berechnet wird.
Schritt 2: Formel Ferienabgeltung berechnen
Steht der Saldo der Restferien fest, kann der Ferienlohn mit dem Bruttomonatslohn ermittelt werden. Es wird von 21.75 Arbeitstagen pro Monat ausgegangen.
Monatslohn brutto / 21.75 Arbeitstage = Ferienlohn (pro Tag)
Wird im Stundenlohn gearbeitet, rechnet man den Stundenlohn auf die Anzahl Stunden pro Tag auf.
Stundenlohn x Anzahl Stunden pro Tag = Ferienlohn (pro Tag)
Auf Ferienanspruch nach Kündigung verzichten
Arbeitnehmende können während des Arbeitsverhältnisses und einen Monat nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht auf ihre Ferien verzichten (Art. 341 Abs. 1 OR).
Gut zu wissen: Entsprechende Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmendem sind ungültig. Dies sieht das Gesetz zum Schutz der Arbeitnehmenden vor, da sich diese in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber befinden.
Hinweis: Die Frist von einem Monat nach dem Arbeitsverhältnis hat den Zweck, dass Arbeitnehmende noch die letzte Lohnabrechnung sowie das Arbeitszeugnis in Empfang nehmen können.
Ferienansprüche von gekündigten Arbeitnehmenden mit Personio im Blick behalten
Wegen dem Abgeltungsverbot müssen Ferien grundsätzlich auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bezogen werden. Personio unterstützt Sie dabei, den Ferienanspruch nach Kündigung von Arbeitnehmenden zu ermitteln und Sie auf die Ausnahmefälle hinzuweisen, in denen eine Abgeltung durch Geldzahlung erfolgen kann.
FAQ
Wie wird der Ferienanspruch nach einer Kündigung berechnet?
Arbeitnehmende haben Anspruch auf die Restferien bis zum Ende der Kündigungsfrist. Für das angebrochene Dienstjahr werden Ferientage anteilsmässig gewährt.
Hat man vollen Ferienanspruch, wenn man gekündigt wurde?
Grundsätzlich besteht ein voller Ferienanspruch nach Kündigung. Nur wenn die Ferientage nicht mehr in natura bezogen werden können, können Arbeitnehmende eine Forderung auf Auszahlung stellen.
Kann ich mir meine Restferien bei Kündigung auch auszahlen lassen, anstatt die übrigen Ferientage zu beziehen?
Nein, weil im schweizerischen Arbeitsrecht ein strenges Abgeltungsverbot für Ferien gilt, das heisst, die Ferien sind in natura zu beziehen. Eine Auszahlung kann auch nicht durch das Einverständnis von Arbeitnehmendem und Arbeitgeber gültig vereinbart werden. Diese strenge Vorgabe dient dem Schutz der Arbeitnehmenden.
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